Hugo in allen Gassen

Hugo – kompakt, rund, knuffig – ist eine Seele von Taxi: Freundlich, hilfsbereit, vernünftig. Hugo bleibt sogar gelassen, als er bei Loretta, der hübschesten Zapfsäule im Viertel, den Angeber Lulu Ferrari trifft. Ein Flitzer in Knallrot mit Sitzen aus Kunstzebra. Die beiden ungleichen Limousinen liefern sich ein Wettrennen (Foto). Es geht so aus wie beim Hasen und der Schildkröte – und das ist keineswegs ein Zufall. Marie-Ange Guillaume erzählt die schönsten Fabeln von Jean La Fontaine nach und überträgt sie komplett in die Welt der Blechkarossen. François Roca zaubert mit Meisterhand aus Scheinwerfern, Frontscheiben und Kühlergrills kernige Gesichter, die nach Herzenlust lächeln, grübeln und staunen. Hugo, Willi Allradantrieb oder Rollmops Royce führen den Lesern vor Augen, wie die Welt ist: mal schlecht, mal gar nicht übel, manchmal richtig wunderbar. Und die Moral von der Geschichte? „Zu leben ist besser als gar nichts.“.

Marie-Ange Guillaume/François Roca: Hoppla Hugo.
Verlag Gerstenberg, Hildesheim, 32 Seiten 15,90 Euro)


Sparsam

Einer ist ausgezogen, um das Ausland zu suchen, weil es wie das Paradies sein soll. Schmerzlich muss er erkennen, dass es „das“ Ausland nicht gibt, weil der Begriff immer in Relation zur eigenen Heimat steht. Dass sein Zuhause für andere auch Ausland sein soll, will ihm gar nicht in den Kopf. Jörg Schubiger jongliert mit Schriftgrößen und knappen Texten genauso wie mit dem schwierigen Begriff, um den es geht. Die Illustratorin Albertine trägt mit sparsamem Federstrich skurrile Figuren bei.

Jörg Schubiger: Das Ausland.
Peter Hammer Verlag, Wuppertal.
64 Seiten, 8,90 Euro

 


Überraschung

Der große böse Wolf braucht Selbstbestätigung. Er läuft durch den Wald und lässt sich von allen Bewohnern beipflichten, dass er der Stärkste und Wildeste und Fürchterlichste ist. Niemand hat Interesse an Widerspruch. Weder Rotkäppchen, noch die sieben Zwerge wollen gefressen werden. Nur ein junges giftgrünes Krötentier stellt sich plötzlich quer. Auf die stereotype Frage des Wolfs antwortet der Winzling kühn und keck: „Das ist meine Mama!“ Wunderbarer Überraschungseffekt. Als der Wolf die Mama sieht, nimmt er kleinlaut Reißaus, denn sie ist keineswegs eine Kröte, sondern ein riesiger Drache, so riesig, dass sie die Buchseite sprengt. Ein gesundes Selbstbewusstsein vertreibt jeden Angeber ist die Lehre, die sich aus dieser amüsanten David-Goliath-Variante ziehen lässt. Empfehlenswert!

Mario Ramos: Ich bin der Stärkste im ganzen Land.
Moritz Verlag, Frankfurt/Main, 32 Seiten, 10,80 Euro


Ein starker Entschluss

In der Sache mit Antons Brille sieht Philipp völlig klar: Es ist Schicksal, dass sie kaputt ist. Weil nämlich auch vorherbestimmt war, dass Paul mit Anton streiten und dabei die Brille zerbrechen würde. „Alles steht oben geschrieben“, hatte seine Mutter ihm erklärt. Also, folgert Philipp, ist Paul unschuldig. Merkwürdigerweise mag niemand seiner Theorie folgen, schon gar nicht zwei Polizisten, die sich um die Streithähne kümmern. Stattdessen fängt Philipp sich Ohrfeigen ein, weil er gar nicht wieder aufhört mit seinem „steht oben geschrieben“. Allmählich kommt der Junge ins Grübeln und findet Schicksal doof. Als er auf dem Schulweg in den Himmel starrt, um vielleicht doch noch zu erkennen, ob da etwas geschrieben steht, tritt er in einen Hundehaufen und findet Schicksal „echt doof“. Dann fasst er einen starken Entschluss, der viel mit Eigenverantwortung zu tun hat: „Jetzt passe ich auf Hundehaufen auf!“ Allein das „Hüpfspiel des Schicksals“, das die Autorin Claudine Desmarteau zum Thema Hundehaufen gezeichnet hat, ist sehenswert. Mit feiner Ironie fängt sie die umwerfende kindliche Logik ein, die Erwachsene manchmal schlagen können, manchmal aber auch nicht. Ein starkes Buch!

Claudine Desmarteau: Alles steht oben geschrieben.
Bajazzo Verlag, Zürich, 40 Seiten, 11 Euro


Warmherzig

Dem Wiedehopf ist es im Winter zu kalt, und das Schaf kann nicht fliegen. Was die Freunde auch versuchen um zusammenzubleiben – es klappt nicht. Dabei fällt ihnen eine ganze Menge ein, vor allem dem Wiedehopf zum Thema Schafe und Fliegen. Aber natürlich nützt alles nichts, nicht einmal ein Mantel aus echter Schafwolle: Die Freunde müssen sich im Winter trennen. Eine warmherzige Geschichte, liebevoll illustriert.

Ghazi Abdel-Quadir/Martina Mair (Ill.): Ein Mantel für den Wiedehopf.
Verlag Sauerländer, Düsseldorf, 32 Seiten, 13, 90 Euro


©imke habegger 2003