Ovationen in Stuttgart
Von Uwe Käding/ap
Es mag Eric Clapton in dem über zweistündigen Konzert in Stuttgart
nicht alles gelungen sein. Aber dennoch: Der Mann, der in seiner drei Jahrzehnte
umfassenden Karriere so manche Höhen und Tiefen durchwanderte, steht in seinem Zenit als
Musiker. Die abgeklärte Mischung aus Blues und Rock mit jazzigen Einsprengseln wurde vom
Publikum in der vollbesetzten Schleyerhalle am Mittwochabend mit Ovationen gefeiert.
Geboten wurde eine Show mit nahezu perfektem Sound und einer
Videobegleitung, die auf die Faszination setzte, "Slowhand" bei der Arbeit
minutenlang auf die Finger sehen zu dürfen. Clapton kam zunächst alleine auf die Bühne,
sagte "Hello" und spielte eine mitreißende Version von "Key Of The
Highway". Danach folgte mit Band das vergnügt-jazzige Instrumental
"Reptile" und ein mit emotionaler Perfektion gespieltes "Tears In
Heaven". Das gelang nicht zuletzt deswegen, weil Clapton sich auf den Gesang und
Begleitung konzentrierte. Sein langjähriger Gitarren-Gefährte Andy Fairweather-Low
übernahm diverse Solo-Teile. Die Band - neben Fairweather-Low noch Bassist Nathan East,
Schlagzeuger Steve Gadd, Keyboarder David Sancious und Perkussionist Paulinho Da Costa -
ist mit Verve dabei, wird nicht darauf reduziert, einem gefeierten Solisten einen
Klangteppich auszulegen. "Bell Bottom Blues" beendete den ersten, hervorragenden
akustischen Teil des Konzerts.
"Change The World" leitete behutsam in den Midtempo-Rockteil
über. Danach wurde die akustische gegen die elektrische Gitarre ausgetauscht und Clapton
spielte die Höhepunkte seines 1998er "Pilgrim"-Albums: "My Father's
Eyes" und "River Of Tears". "Going Down Slow" im Shuffle-Rhythmus
offenbarte eine merkwürdige Entfremdung vom Rock, die sich später noch einmal beim eher
mehr als weniger misslungenen "Badge" zeigen sollte: Den eigenen Klassikern
steht Clapton eher distanziert gegenüber, wenn sie nicht im Blues verwurzelt sind.
Natürlich gibt es eine wichtige Ausnahme: Claptons wohl berühmtestes Riff,
"Layla", krönt den Abend mit ungeschliffenem Rock wie einst bei Derek and the
Dominos. "Cocaine" kam eher routiniert, sein neues J.J.Cale-Cover
"Travelling Light" dynamischer.
Dazwischen, direkt vor "Layla", schlängelt sich Clapton
wieder durch Blues-Gefilde, besucht den "Hoochie Coochie Man" - und dann war
wirklich alles "Wonderful Tonight". Die "Reptile"-Welttournee hat
Anfang Februar in England begonnen. Erst jetzt ist das gleichnamige Album erschienen, mit
dem Clapton seinen frühen Einflüssen huldigt. In der Gegend seines Geburtsorts Ripley
ist "Reptil" ein Kosewort, mit dem Anerkennung ausgedrückt wird, wie er selbst
erklärt. Wenn einer "like a Reptile" Gitarre spielen kann, hat er was drauf.
Und das beweist Clapton auf der Bühne so nachhaltig, dass ein Live-Album aus diesem
Programm die logische Konsequenz wäre. Darauf gehörten auch die Zugaben "Sunshine
Of Your Love" und "Somewhere Over The Rainbow". Clapton wird am 30. März
56 Jahre alt, und manche Fans im Internet-Chat munkeln schon, er könnte auf seiner
letzten Welttournee sein. "Please come back, Eric!" |

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