©Aachener Zeitung 2004 -
Konzert am 15.4.2004 in Köln
Perlen aus Claptons Präsentkorb
Eric Clapton in der Kölnarena
Von Albrecht Peltzer
Beim ersten Riff des «Milkcow's Calf Blues» zuckt der Mittdreißiger mächtig zusammen. Brutal-puristisch hämmern die Gitarren den Zwölftakter ins weite Rund der voll besetzten Köln-Arena.
Die schlimmsten Befürchtungen scheinen sich zu bestätigen: Blues! Wenn das mal gut geht...
Eric Clapton ist da. Der 59-Jährige Brite, gerne als «bester weißer Blues-Gitarrist aller Zeiten» gefeiert, promotet sein aktuelles Album «Me & Mr. Johnson». Und das ist - für manchen tragischerweise - ein reines Blues-Album. Ein Tribut an Robert Johnson, den Sänger und Gitarristen aus den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts, der wie kein anderer die Geschichte des Blues mitgeschrieben hat.
Aber wird Clapton von den Millionen Fans wirklich als dieser Blues-Gitarrist gefeiert? 1995 hat er es schon einmal versucht und eine ganze Welt-Tournee lang sämtliche Variationen der drei Bluesakkorde rauf- und runtergespielt. Und wäre besagter
Mittdreißiger Ohrenzeuge gewesen, er wäre garantiert - wie manch anderer auch - tief verschreckt im Sitz zusammengesunken.
Also: Wie bringt man diesen Blues nun zum Fan? Bestes Mittel: Man schnürt ein Geschenkpaket. Feinste Verpackung für edlen Inhalt. Das ist das Rezept, mit dem Eric Clapton derzeit auf Europa-Tournee begeistert, mit dem er auch 18 000 Menschen beim letzten Deutschland-Konzert in Köln mitriss.
«Thank you»
Eine wunderschöne Schleife ziert das Geschenk: «Let it Rain», «Walk Out In The Rain» und «Bell Bottom Blues» - alles Hits aus den siebziger Jahren machen beim Entschnüren des Pakets
nervös-neugierig auf das Kommende. Bob Marley's «I Shot The Sheriff» ist das edle Papier ums Präsent.
Clapton streichelt die Gitarre, er lässt sie singen, jaulen kreischen, weinen - und der Mittdreißiger hat sich vom Stuhl erhoben, klatscht frenetisch. Und dann: der Blues. Vier Songs vom neuen Album spielt Clapton, er selbst brilliert mehr denn je, lässt seinen Mitmusikern - genial Keyboarder Billy Preston! - aber jede Menge Raum für eigene Soli.
Hier spielt eine Band, nicht Clapton plus Begleitung. Einmal auf den Inhalt des Geschenks derart vorbereitet, feiert das Volk den Blues mit Euphorie. Und es wird belohnt für so viel Neugier, Sympathie und Liebe. «Layla», Wonderful Tonight» und «Cocaine» purzeln aus Claptons Präsentkorb heraus wie edle Perlen. Die Köln-Arena brodelt, und Eingefleischte wissen, dass auch Eric Clapton diesen Abend genießt.
Er lässt sich zu ungeahnter Gefühlswallung hinreißen: er lächelt und sagt «Thank you» - für seine Verhältnisse ein Redeschwall!
Gegen 23 Uhr neigt der Mittdreißiger auf dem Weg zum Parkhaus nachdenklich den Kopf: «Ehrlich, ich hätt's so nicht erwartet.»
Das Geschenk trägt er zufrieden mit sich - und er wird es nicht mehr
hergeben.
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