©General-Anzeiger Bonn 2004 - Konzert am 15.4.2004 in Köln

Kein Staub nach all diesen Jahren

In den leisen Songs fällt auf, dass Eric Claptons Gesang etwas rauer geworden ist, dabei noch wärmer und ausdrucksstärker. Große Gesten braucht er nicht, Emotion liegt einzig in seiner Stimme und seinen Fingern

Von Tobias Blum

Ein etwas gelangweilt aussehender, bebrillter Mann schlurft auf die Bühne, unrasiert, in blauen Jeans und weißem Schlabberhemd. Nichts, aber auch gar nichts würde dem unkundigen Beobachter verraten, dass es sich hier um einen der größten Rockstars des 20. Jahrhunderts handelt, wären da nicht diese Gitarre und das Jubeln aus Tausenden von Kehlen, als Eric Clapton dem Instrument die ersten, donnernden Akkorde entlockt.
Die gehören zu "Let It Rain" und eröffnen ein Konzert, das im Vergleich zu seinen letzten, oftmals gemächlichen und von langen Akustikpassagen geprägten Auftritten deutlich rockiger, lauter und auch dynamischer ist. 

Denn obwohl Clapton für sein neues Album "Me And Mr. Johnson" mal wieder seine eigenen Wurzeln ausgebuddelt hat, die in den dreißiger Jahren aktive Legende Robert Johnson, um genau zu sein, gelingt es ihm auf dieser Tour besser denn je, den traditionellen Blues mit einer beeindruckenden Stadionrock-Attitüde zu versehen. Uralte Songs wie "When You Got A Good Friend" atmen den Blues, mit zwei Gitarren, Hammond-Orgel, Piano, Schlagzeug, Bass und Background-Sängerinnen wird er hier jedoch in Breitwand-Format präsentiert. Robert Johnsons Songs werden freundlich aufgenommen, sind handwerklich exzellent umgesetzt und bieten eine wunderbare Grundlage für viele, mitunter etwas arg ausgedehnte Solopassagen.

Das alles kann jedoch nicht verbergen, dass die Gründe, zu einem Eric Clapton Konzert zu gehen, woanders liegen. Wo, ist klar sobald die ersten Riffs von "I Shot The Sheriff" selbst die hintersten Winkel der riesigen Kölnarena zu elektrisieren scheinen. Auf fast zehn Minuten bringt es das Bob-Marley-Cover, wovon knapp die Hälfte einem Gitarrensolo gehört. Und das allein reicht aus, um jeden einzelnen Schritt auf dem Weg nachzuvollziehen, der Clapton schließlich in die höchsten Ränge des Gitarren-Olymp geführt hat. Die fünf Töne der Pentatonik, ein ebenso gefühlvolles wie akzentuiertes Vibrato und einzigartiges Gespür für die Fusion von Groove und Melodie sind nach wie vor die Merkmale von Claptons Stil, der immer noch enorm druckvoll ist und auch nach all den Jahren keinerlei Staub angesetzt hat. Als Glücksgriffe in dieser Hinsicht erweisen sich auch Gitarren-Kollege Doyle Bramhall II und Keyboarder Chris Stainton, die immer wieder exzellente Soli beisteuern dürfen, vor allem aber durch moderne, treibende Rhythmik in Songs wie "Cocaine" oder "Sunshine Of Your Love " beeindrucken.

Eher in den leisen Songs fällt auf, dass Eric Claptons Gesang etwas rauer geworden ist, dabei noch wärmer und ausdrucksstärker. Große Gesten braucht er nicht, Emotion, dafür ehrliche, liegt einzig in seiner Stimme und seinen Fingern. In diesen wenigen Momenten zeigt sich auch eine weitere, seltene Kunst des Gitarristen und seiner Band: Hin und wieder, bei "Wonderful Tonight" zum Beispiel, schaffen sie es, die Weite der Arena auszublenden, sie in die Atmosphäre eines kleinen, heimeligen Clubs zu verwandeln, in dem dieser bebrillte Mann mit der Gitarre seit einigen Seitenanfang Jahrzehnten schon für die Musik zuständig ist.

©dpa

Setlist Köln:

Let It Rain
Hoochie Coochie Man
Walk Out In The Rain
Bell Bottom Blues
I Shot The Sheriff
Milkcow's Calf Blues
When You Got A Friend
They're Read Hot
Kind Hearted Woman Blues
Got To Get Better In A Little While
Have You Ever Loved A Woman
Badge
Wonderful Tonight
Layla
Cocaine

Zugabe:
Sunshine Of Your Love
I Got My Mojo Working